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EU GMP Annex1 und dessen Bedeutung für Reinmediensysteme – Teil 2

Annex1: herzlich willkommen zum zweiten Teil des EU GMP Annex1 und dessen Bedeutung für Reinmediensysteme. Während wir uns im ersten Teil mit dem Anwendungsbereich, den Prinzipien sowie dem pharmazeutischen Qualitätssystem beschäftigt haben, gehen wir heute auf das Equipment, die Medienversorgung und das Personal ein.

 

Kapitel 4 Equipment: 

Eine ausführliche Beschreibung und Fließbild soll vorhanden und Teil des initialen Qualifizierungspakets sein. Anforderungen hinsichtlich der Überwachung sollen in der URS definiert und im Zuge der Qualifizierung bestätigt werden. Prozess- und Equipment-Alarme sollen bestätigt werden müssen und deren Entwicklung / Trend beurteilt werden. Die Frequenz der Bewertung sollte in Abhängigkeit zur Kritikalität stehen. Für Wartungsarbeiten, die im Reinraum ausgeführt werden müssen, werden besondere Anforderungen genannt. Reinigungsprozesse sollen validiert sein.  Das Equipment (u.a. auch die Wassersysteme) sollen qualifiziert, überwacht und einer regelmäßigen Wartung unterzogen werden. Nach der Wartung muss die Wiederaufnahme des Betriebes genehmigt werden! Bei ungeplanten Wartungsaktivitäten sollte der Einfluss auf die Sterilität des Produkts untersucht werden.

 

Bewertung EnviroFALK PharmaWaterSystems: die genannten Anforderungen hinsichtlich Dokumentation und Qualifizierung gehören für neu errichtete Systeme bereits zum etablierten Vorgehen. Reinigungs- und Sanitisierungsprozesse, die integraler Teil der Wartung von Wasseranlagen sind, werden u. U. intensiv mit dem Hersteller abgestimmt werden müssen und erfordern neben der Dokumentation des Prozesses auch den Nachweis der Qualifikation des ausführenden Personals des Lieferanten. Die Bewertung der erhobenen Daten in Form eines Trendings wird ebenso in Zusammenarbeit mit qualifiziertem Personal des Lieferanten erfolgen müssen.
Fraglich ist jedoch auch hier, wie mit älteren Bestandssystemen umgegangen wird.

Kapitel 5 Medienversorgung (Utilities)

Der Umfang der Kontrollen von Versorgungseinrichtungen sollte in Abhängigkeit zum möglichen Einfluss auf die Produktqualität erfolgen. Der Einfluss sollte über eine Risikobeurteilung bewertet und über die CCS dokumentiert werden. Auch für die Versorgungseinrichtungen gilt, dass diese angemessen designet, installiert, qualifiziert, gewartet und überwacht werden sollen.

Für Versorgungseinrichtungen mit hohem Risiko sollten regelmäßige Trend-Analysen für kritische Parameter und Eigenschaften durchgeführt werden. Eine Dokumentation zur System-Installation sollte über den gesamten Lebenszyklus aufbewahrt werden.

 

Bewertung EnviroFALK PharmaWaterSystems: wie bereits in den vorherigen Kapiteln geschildert, soll die Risikobewertung auf alle Prozesse angewendet werden, die einen Einfluss auf die Produktqualität haben können. Hierzu zählen auch die Versorgungsmedien. In vielen Unternehmen dürften die Anforderungen eine Umstellung bedeuten, da der planerische Umfang und der der Qualifizierung, Wartung und Überwachung deutlich größer sein dürfte als bisher.

 

Unterpunkt Wasser-Systeme (Water Systems)

Die Wasseraufbereitung inklusive Verteilsystem sollen so designend, konstruiert, installiert, in Betrieb genommen, qualifiziert, überwacht und gewartet werden, sodass einer mikrobiellen Kontamination vorgebeugt und eine zuverlässige Wasserversorgung sichergestellt wird. Es werden Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos in Bezug auf eine Kontamination mit Partikeln, Mikroorganismen und Endotoxinen / Pyrogenen sollen ergriffen werden. Besonderer Beachtung sollte der Überwachung und Wartung von Filtern gewidmet werden. Die Qualifizierung und Validierung sollte saisonale Veränderungen berücksichtigen. In der Verrohrung der Verteilung sollte eine Turbulenz eingehalten werden. Hierzu soll der Durchfluss während der Qualifizierung definiert und routinemäßig überwacht werden.

Für das Lager- und Verteilsystem von WFI sollen Maßnahmen zur Minimierung des Risikos eines mikrobiellen Wachstums ergriffen werden. Das WFI soll mittels Destillation oder einem gleichwertigen Verfahren, wie z.B. mittels Umkehrosmose gekoppelt mit anderen geeigneten Verfahren wie Elektrodeionisation, Ultra-Filtration oder Nanofiltration, erzeugt werden. Die Integrität von Filtern sollte vor der Installation und nach der Nutzung getestet werden. Maßnahmen zur Verhinderung von Kondensatbildung sollen vorhanden sein.

Um das Risiko von mikrobiellem Wachstum zu reduzieren, sollen die Wassersysteme nach einem festgelegten Zeitplan und sobald Ergebnisse außerhalb der Grenzwerte oder Spezifikationen liegen sterilisiert, desinfiziert oder regeneriert werden. Auf die Desinfizierung mit Chemikalien sollte ein validiertes Spülverfahren folgen. Eine Rückkehr in den Anlagenbetrieb sollte erst nach vorheriger Bestätigung der chemischen Testergebnisse und die Freigabe von Chargen erst nach Verifizierung der Testergebnisse zur Mikrobiologie / Endotoxine erfolgen.

 

Eine regelmäßige und fortlaufende chemische und mikrobiologische Überwachung der Wassersysteme sollte durchgeführt werden. Alarmlevel sollten auf Daten der initialen Qualifizierung basieren und periodisch überprüft und neu bewertet werden. Hierzu zählt eine Überprüfung der fortlaufenden Überwachungsdaten, um einen negativen Trend in der Performance feststellen zu können. Probenahmeprogramme sollten konsistent mit den Anforderungen des CCS sein und sollten alle Entnahmestellen und Zapfstellen und die genauen Entnahmeintervalle beinhalten.

Die Beprobungspläne sollten auf Qualifizierungsdaten basieren und potenzielle Worst-Case Probenahmestellen berücksichtigen und sicherstellen, dass mindestens täglich eine Probe des Wassers, das zur Herstellung verwendet wird, entnommen wird.

Eine Überschreitung von Alarm Leveln sollte dokumentiert, überprüft und untersucht werden, ob bei der Überschreitung ein Trend hinsichtlich einer Systemverschlechterung zu erkennen ist. Ebenfalls sollten Überschreitungen von Aktionsgrenzen genauer untersucht werden.

Für WFI-Systeme sollten Messgeräte zur kontinuierlichen Überwachung wie TOC- und Leitfähigkeitsmessung vorgesehen werden.

 

Bewertung EnviroFALK PharmaWaterSystems: die meisten genannten Anforderungen sind nicht neu und gehören für Neu-Installation üblicherweise zur gängigen Praxis. Sollte allerdings kein Bestandsschutz für Altsysteme bestehen, wovon auszugehen ist, so werden viele Systeme nachgerüstet oder erneuert werden müssen. Die ausdrückliche Nennung von Totraumfreiheit und der Möglichkeit zur vollständigen Entleerung ohne Unterscheidung zwischen den Anlagenbereichen für die Speisewasser-Vorbehandlung und Wasser mit Produktqualität werden voraussichtlich zu intensiven Diskussionen hinsichtlich der Auslegung dieser Anforderung mit dem Hintergrund der technischen Machbarkeit führen. In den Fokus rücken zudem die Überwachung von Filtern und die Wartung der Systeme. Hier dürften in vielen Unternehmen Anpassungen notwendig sein. Die Forderung die Turbulenz in der Verteilung in die Qualifizierung einzubeziehen und regelmäßig zu überprüfen ist neu und wird eine Umstellung sein. Die Möglichkeit, WFI kalt zu erzeugen, besteht bereits seit 2017 und viele Unternehmen setzen bereits auf diese Möglichkeit. Ebenfalls neu ist die Forderung eines validierten Spülverfahrens nach einer chemischen Desinfizierung und Freigabe der Testergebnisse vor Rückkehr in den Produktionsbetrieb. Fraglich ist, wie hiermit in Bezug auf eine Ozonisierung, welche oft zur Sanitisierung der WFI-Lagerung und des WFI-Verteilsystems eingesetzt wird, umgegangen wird oder ob diese von der Vorgabe ausgenommen wird. Auch in diesem Kapitel kommt der fortlaufenden Überwachung und auch der Bewertung von Alarmen und Trendanalyse ein hoher Stellenwert zu. Es ist davon auszugehen, dass viele Unternehmen in Bezug auf diese Punkte deutliche Anpassungen vornehmen oder zumindest nachschärfen müssen. Zwar gehört der Einsatz von online Messgeräten heute zum Stand der Technik, es dürfte aber noch einige ältere WFI-Systeme geben, bei denen die Messung nach wie vor offline erfolgt. Diese Unternehmen dürften um eine Nachrüstung nicht herumkommen.

Advanced Anlage für Wasser für Injektionszwecke per Membran
M-WFI Anlage
Unterpunkt Dampf zur direkten Sterilisation (Steam used as a direct sterilising agent)

Das Speisewasser des Reinstdampferzeugers sollte angemessen aufbereitet sein und die Qualität des Reinstdampfkondensats den aktuellen Pharmakopoeia-Anforderungen an WFI entsprechen. Ein geeigneter Probenahmeplan sollte vorhanden sein. Andere Qualitätskriterien sollten periodisch gegen validierte Parameter beurteilt werden. Hierzu zählen unter anderem der Gehalt an nicht kondensierbaren Gasen, Trockenheit und Überhitzung.

 

Bewertung EnviroFALK PharmaWaterSystems: nicht ganz klar wird, was in Bezug auf das Speisewasser als „angemessen“ betrachtet wird. Durch den Verweis auf die nicht kondensierbaren Gase als ein wichtiges Qualitätskriterium wird jedoch die Verwendung von bereits entgastem Wasser oder die Integration einer Entgasung unabdingbar. Eine regelmäßige Messung der genannten Dampfparameter bedingt eine entsprechende Ausrüstung des Reinstdampferzeugers mit Anschlüssen und die Ausführung mit eigenem Gerät oder durch einen Dienstleister. Auch gelten die bereits mehrfach benannten Anforderung an die Qualifikation der Ausführenden und die genutzte Messeinrichtung.

Reinstdampferzeuger
Reinstdampferzeuger
Kapitel 6 Personal (Personell)

Der Hersteller sollte sicherstellen, dass ausreichend geeignetes Personal, welches im Bereich der Herstellung und der Testung von sterilen Produkten sowie spezifischen Herstellungstechnologien angemessen qualifiziert, geschult und erfahren ist, vorhanden ist. Darüber Hinaus sollte das Personal regelmäßig in Bereichen geschult werden, die für die Korrekte Herstellung von sterilen Produkten relevant sind.

 

Bewertung EnviroFALK PharmaWaterSystems: In diesem Kapitel wird erneut auf die Wichtigkeit der Fachkenntnisse des Personals eingegangen. Wie bereits erwähnt, wird dies voraussichtlich zu einem deutlich erhöhten Schulungsaufwand und / oder der Einbeziehung von Dienstleistern mit entsprechender Fachexpertise führen.

Michael HegmannMichael Hegmann, Stellv. Abteilungsleiter Vertrieb

 

Jana Scheewe Jana Scheewe, Projektleitung Engineering